Wird eine Kniebeuge schlecht oder einfach falsch ausführt, kannst du natürlich Probleme im Gelenk bekommen. Genauso, wer sowieso schon extreme Probleme mit dem Knie hat, durch Bänderrisse, Knorpelschäden oder andere Verletzungen. Etwas vorsichtiger sein sollten auch stark übergewichtige Menschen. Da lastet generell schon mehr Gewicht auf den Knien und manchmal haben sie nicht ausreichend Muskulatur in den Beinen haben, um das Knie zu stabilisieren. Da gilt auch: Auf den eigenen Körper hören. Wenn eine Übung Schmerzen verursacht, stimmt in der Regel etwas nicht.
Oft lohnt es sich auch, die Lage von einem Profi beurteilen lassen, ob es Sinn ergibt, dass man eine tiefe Kniebeuge macht. Aber Verallgemeinerungen wie: „Ich hab Probleme mit dem Knie, ich mache also keine Kniebeugen“ oder ganz auf Kniebeugen zu verzichten bringt auch nichts. Oder hast du dich schon mal auf die Toilette gesetzt, ohne technisch gesehen, eine kleine Kniebeuge zu machen? Nee, eben.
Jeder kann eine tiefe Kniebeuge lernen. Dabei sind der Ober- und Unterschenken sind bei 90 Grad der größten Belastung ausgesetzt, weil sie dort die geringste Auflage haben. Unterhalb von parallel sinkt diese Belastung wieder. Wenn wir die Kniebeuge bei einem Winkel von 90 Grad also genau parallel abbremsen, können höhere Kräfte auf das Kniegelenk wirken, als wenn wir uns bis runter setzen. Dort unten arbeiten wir gleichzeitig noch an unserer Sprunggelenksbeweglichkeit und die Muskeln des Hüftstreckers werden gedehnt. Beides verbessert unsere Beweglichkeit.
Das heißt: Eine Kniebeuge, die nicht tief genug ist, ist sogar belastender für das Gelenk als ein klassischer Squat. Jetzt könnte ja jemand sagen: „Dann setzte ich mich aber doch einfach immer oberhalb von parallel.“ Das sorgt aber dafür, dass wir unsere Muskulatur nicht ausreichend trainieren, sodass unsere Knie instabil werden, weil die Muskulatur sie nicht hält. Da wir bei der Bewegung unseren Körper nicht einfach nur wabbelig nach unten in eine Hocke fallen lassen, ist sie nicht schädlich.
Der Po wandert nach hinten raus und der Rücken bleibt zu jedem Zeitpunkt gerade und der Bauch fest. Dadurch sorgen wir dafür, dass unser Körper stabil ist und der Druck auf das Kniegelenk verringert wird. Und diese Art der Hocke liegt in unserer Evolution. Wenn du ein Kleinkind beobachtest, dann sitzt es manchmal stundenlang in genau dieser Haltung, in einer tiefen Kniebeuge. Zu Beispiel im Sandkasten, während es eine Burg baut. Diese Fähigkeit verlernen wir allerdings im Laufe unseres Lebens. Spätestens wenn wir den ganzen Tag in der Schule auf einem Stuhl sitzen müssen, werden wir unbeweglicher und können uns nicht mehr so leicht in diese hockende Position schieben.
Naturvölker hocken ebenfalls manchmal stundenlang. Soweit bekannt ist, haben die nicht alle künstliche Kniegelenke, weil diese Hocke so schädlich für ihr Knie ist und Rückenschmerzen ist dort nicht die Volkskrankheit Nummer 1. Ganz im Gegenteil: Die Kniebeugen sind sogar gut für uns. Sie stärken unsere komplette Bein- und Pomuskulatur. Die sorgen dafür, dass das Knie stabilisiert und festgehalten wird. Ist der Muskel zu schwach, wirken Kräfte auf die Kniescheibe und das kann Probleme verursachen. Will man nicht.
Knie nach vorne zu schieben macht das Gelenk kaputt. Das ist auch eine Aussage, die oft diskutiert wird. Es gibt eine Studie der Uni Memphis in Tennessee von 2003, da haben Wissenschaftler zwei Arten der Kniebeuge miteinander verglichen. In Gruppe eins sollten Teilnehmer eine Kniebeuge machen, ohne dass ihre Bewegung eingeschränkt wurde. Das Kniegelenk konnte dabei über die Zehenspitze hinausragen, was angeblich schädlich sein soll.
Eine zweite Gruppe hat Kniebeugen vor einer Holzplatte gemacht. Das heißt, ihre Knie konnten nicht über die Zehenspitzen hinauswandern. Das Ergebnis: Bei der zweiten Gruppe war die gemessene Krafteinwirkung auf das Kniegelenk etwas geringer. Allerdings hat sich die Belastung nicht aufgehoben, sondern verschoben. Die Wissenschaftler haben nämlich eine deutlich höhere Belastung im Hüftgelenk gemessen. Viele versuchen dann die Bewegung mit dem Po nach hinten so auszugleichen, dass sie den Oberkörper nach vorne lehnen. Dadurch lastet ein großer Anteil auf dem unteren Rücken und der Wirbelsäule, was biomechanisch sehr ungünstig ist.
Dass es schädlich ist, die Knie über die Zehen hinauszuschieben, ist also nicht richtig. Von Person zu Person ist es auch unterschiedlich, ob die Beweglichkeit im Sprunggelenk groß genug ist, damit das überhaupt möglich ist. Auch die Größe der Sportler hat einen Einfluss auf die Bewegung. Große Menschen mit sehr langen Beinen können manchmal gar nicht anders, als die Knie weit nach vorn zu schieben. Bei richtiger Technik kommt es also wie immer auf die Person an, die die Übung durchführt.
Solange der Körperschwerpunkt auf der Mitte des Fußes liegt und die Fersen fest in den Boden gedrückt sind und sich nicht abheben, ist es für ein gesundes Knie nicht schädlich über die Zehen hinauszuragen.